BOLLIGEN 06

Projekt

Die vielfältige Nutzung macht das bisher nicht öffentliche Wegmühle-Areal zum Begegnungsort. Die denkmalgeschützte Gebäudegruppe aus dem 17. und 18. Jahrhundert wird aufgewertet und zum Herz des neuen Wohnquartiers. Um das historische Hauptgebäude der Wegmühle freizuspielen und deutlicher als Zentrum des Areals zu betonen, wird der Verladehangar abgebrochen.

Südlich entsteht etappenweise eine Überbauung mit Wohnungen in den oberen Stockwerken. Unterschiedlich hohe Gebäude (3 bis 7 Geschosse) stufen sich gegen die historischen Bauten ab und binden diese in die Gesamtanlage ein. In den Erdgeschossen sind vielfältige Angebote und Tätigkeiten möglich: Fitnessstudio, IT-Betrieb, Coiffeursalon, Tanzstudio, Architekturbüro, Restaurant, Kultur- und Dienstleistungsangebote (Atelier, Arztpraxen, Büros) und Bildung (Kursräume, Schule). Die Rückseite der Neubauten in Richtung Geleise eignet sich für Wohnateliers: So kann zum Beispiel eine Ärztin oder ein Physiotherapeut in einem oberen Stockwerk wohnen und im Erdgeschoss eine Praxis betreiben.

Im nördlichen Teil in Richtung RBS-Haltestelle markiert ein neuer dreigeschossiger Bau mit öffentlicher Nutzung den Auftakt zum neuen Quartier und stellt optisch eine Beziehung zum Dorfzentrum her. Das Gebäude lehnt sich in Volumen und Gestaltung an die bestehenden, historischen Gebäude an. Die zwei Mehrfamilienhäuser aus den 1960er-Jahren an der Rörswilstrasse 62 und 64 bleiben noch 20 bis 25 Jahre erhalten.

Zwischen der Überbauung und der Worble entsteht ein grossflächiger öffentlicher Park. Der angrenzende Weg führt direkt zur Wegmühle beziehungsweise zur Worble.

Alle historisch wertvollen Gebäude bleiben erhalten: die Wegmühle, die zwei Stöckli, die ehemalige Fuhrhalterei, der Gleisbogen, die beiden Silos. Abgebrochen oder durch Neubauten ersetzt werden störende Flachdachanbauten und Nebengebäude (Hangar, Verladerampe). Damit wird die originale Substanz wieder erlebbar und der Ort besser lesbar. Die Geschichte des Mühleareals soll nach der Umnutzung auch mittels Relikten aus der gewerblichen Geschichte fassbar sein. So ist vorgesehen, einzelne Mühlestöcke zu erhalten und Teile der Produktionsanlagen aus dem Mahlbetrieb in die neuen Nutzungen zu integrieren. Auch wird der Mühlekanal als Zeitzeuge frühindustrieller Geschichte teilweise freigelegt; er soll im Dreieck zwischen Neubauten, Silos und der Worble den Parkbereich strukturieren.

Die Silobauten aus den Jahren 1930 und 1964 werden heute für die Getreidelagerung genutzt und bleiben in Betrieb. Hier lagert das Getreide, das die Mühle Walter AG unter dem Label 100% Bern – «hier gewachsen, hier gemahlen, hier gebacken» – vermarktet. Die Silos haben den Status eines Bundespflichtlagers. Die Mühle Walther AG plant, die Fassaden in zwei Jahren zu sanieren und im bisherigen Farbton neu zu streichen. In der Zone mit Planungspflicht (ZPP) Nr. XIV Wegmühle ist eine Besitzstandgarantie für die Silos verankert. Ein Ersatzbau für die Silos bzw. der Umnutzung wird in 20 bis 30 Jahren zum Thema, wenn die beiden nicht denkmalgeschützten Industriebauten das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Dannzumal besteht die Möglichkeit, die Silos weiterhin als Lager zu nutzen, die Türme für Wohnzwecke umzunutzen oder einen Ersatzbau mit Wohnungen zu erstellen. Je nach baulichen Massnahmen wären gegebenenfalls die Qualitätsvorgaben des Regionalen Hochhauskonzepts Bern (HHK) zu erfüllen. Das Potenzial liegt bei rund 20 Wohnungen.

In der ersten Etappe werden fünf Gebäude mit insgesamt rund 50 Wohnungen erstellt und darunter eine Einstellhalle gebaut. Davon sind die Hälfte bis zwei Drittel Familienwohnungen, also Wohnungen mit 3,5 bis 5,5 Zimmern. In den Wohnungen sind auch Wohngemeinschaften möglich, für junge Menschen ebenso wie für ältere (Alters-WG). Die zwei Wohnblöcke aus den 1960er-Jahren (Rörswilstrasse 62 und 64) mit 22 Wohnungen bleiben erhalten. Die vor wenigen Jahren sanierten Gebäude haben eine Lebensdauer von weiteren 20 bis 25 Jahren. Erst danach werden sie durch Neubauten mit 20 bis 30 Wohnungen ersetzt (zweite Etappe). Gebaut wurden die zwei Mehrfamilienhäuser seinerzeit für die Mitarbeitenden des Mühlenbetriebs. Auf dem Areal waren in den 1960er-Jahren 20 bis 30 Personen beschäftigt. Wohnungen für Mitarbeitende waren damals in der Industriezone im Gegensatz zu heute erlaubt. Aufgrund der Planungsvorlage besteht auch die Möglichkeit, später die beiden Silotürme umzunutzen oder zu ersetzen (dritte Etappe). Hier liegt das Potenzial bei rund 20 Wohnungen; mit einer Realisierung ist in 20 bis 30 Jahren zu rechnen. Wohnungen befinden sich auch künftig in allen geschützten Gebäuden; im Hauptgebäude der Mühle ist Wohnnutzung nur in den Anbauten möglich.

Für das Heizen und Kühlen lässt sich das Grundwasser nutzen, wie Abklärungen ergeben haben. Als Alternative sind Luftwärmepumpen denkbar. Für die Stromerzeugung werden auf den Dächern der Neubauten Photovoltaik-Anlagen installiert. Angestrebt wird eine nahezu 100 prozentige erneuerbare und CO2-neutrale Energieversorgung, also ein energieautarkes Areal. Keine Option ist der Anschluss an die Fernwärme; der Wärmeverbund Stettlen plant keine Querung der Worble.

Bei allen Grünflächen auf dem Areal ist eine standortgerechte Bepflanzung vorgesehen. Neophyten werden während der Bauzeit und danach mit Pflege- und Vorsorgemassnahmen bekämpft. Die Kopfweidenreihe entlang des Mühlekanals wie auch der Kanal bleiben erhalten. Der Mühlekanal wird in verschiedenen Abschnitten freigelegt. Gegenüber heute lässt sich der Anteil an unversiegelter Fläche auf dem Areal dank klug verdichteter Bebauung leicht erhöhen.

Ansicht aus Osten: Die neuen Wohngebäude mit dem historischen Industriekanal.
Ansicht vom Bahnhof aus: Wohnen im Obergeschoss und im Erdgeschoss.z.B. eine Physiopraxis
Alt und neu im Dialog: Was stehen bleibt, was abgebrochen und was neu gebaut wird.
Situationsplan mit Teilbereichen der Arealentwicklung: 1: Historisches Ensemble mit publikumsorientierten Nutzungen, 2: Wohnen, 3: öffentlicher Park 4: Silos